Ein Modell, wie Gemeineigentum gekauft werden kann
(Vorüberlegungen)

 

 

Wir brauchen ein System, um Gemeineigentum anzuschaffen

Das System "Marktwirtschaft" wird nach meinem Verständnis kein Gemeineigentum hervorbringen. Wenn wir Gemeineigentum haben möchten, dann müssen Stadtparks, staatliche Schulen, öffentliche Autobahnen, Strände, Wälder, Bibliotheken, allgemeines Gesundheitswesen usw. durch ein System geschaffen und aufrecht erhalten werden, das neben der Marktwirtschaft existiert.

Es ist vielleicht auf sehr einfache Weise möglich, ein System zu schaffen, mit dem interessierte Individuen gemeinsam die Anschaffung oder den Unterhalt von Gemeineigentum schaffen können. Dazu könnte eine gemeinnützige Stiftung als Treuhänder gegründet werden, an die sich jeder wenden kann, der ein Interesse daran hat, daß bestimmte Dinge als Geimeineigentum angeschafft werden.

 

Ein Bankkonto und eine Webseite für jedes Projekt

Die Stiftung richtet für jedes gewünschte Projekt ein Bankkonto und eine Webadresse ein. Alle 3 Monate wird eine Anzeige in diversen Zeitschriften veröffentlicht, in der Kontenstand und Webadressen zu jedem Projekt veröffentlicht werden. Zum Beispiel:

Kontonummer / BLZ Projektname = Kontenname Webadresse
43034711 / 330 400 01 Ärztesoftware www.lueckenfueller.de/projekte/aerztesoftware.html
43034712 / 330 400 01 Hotelsoftware www.lueckenfueller.de/projekte/hotelsoftware.html
43034713 / 330 400 01 Bänke Stadtpark Essen www.lueckenfueller.de/projekte/essen/stadtpark/baenke.html
43034714 / 330 400 01 Studie Lippenherpes www.lueckenfueller.de/projekte/studie/lippenherpes.html

Auf seiner Webseite wird jedes Projekt inhaltlich erläutert: Jedes Projekt hat ein Enddatum, das z.B. 5 Jahre nach Start gelegt wird (Erläuterung unten).

 

Investoren

Jeder, der ein wie auch immer geartetes Interesse daran hat, daß das auf der Webseite beschriebene Projekt realisiert wird, kann einen beliebigen Betrag auf das zugeordnete Bankkonto überweisen und im Verwendungszweck jeder Überweisung durch Schlüsselworte angeben, wie weit er auf der Projekt-Webseite genannt werden will:

a) Ein Investor kann anonym bleiben. Lediglich der Betrag, den er überwiesen hat, wird veröffentlicht, damit die Aktiven sehen können, ob das im Gesamt-Kontostand ausgedrückte Interesse auf wenigen großen oder vielen kleinen Investoren beruht.

b) Oder der Investor kann bestimmen, daß eine von ihm bestimmte Kontaktadresse genannt wird: "Adresse: xyz@blabla.de" oder auch "Adresse: Fax 0234 567890"

 

Aktive

Aktive sind Personen oder Firmen, die eines der aktuellen Projekte in die Tat umsetzen können. Aktive beobachten ebenfalls die Anzeigen und die Webseiten. Sie können sich herauspicken ob und bei welchen Projekten sie aktiv mitmachen wollen. Sie können sich mit ihren Beiträgen an die Stiftung wenden, die ohne inhaltliche Prüfung rein informativ dadurch auf den vom Aktiven eingereichten Beitrag hinweist, daß sie in einer Rubrik "Aktive" einen Link auf eine vom Aktiven gepflegte Internetseite einbaut. Alternativ kann der Aktive auch Investoren kontaktieren, die dies durch Adressangabe ermöglicht haben.

 

Leistungen werden für die Allgemeinheit gekauft

Investoren können nun jederzeit aus eigenem Antrieb die Beiträge studieren, die auf der Projekt-Webseite veröffentlicht werden. Oder sie erfahren durch direkten Kontakt mit Aktiven von Lösungen. Oder sie erfahren durch eigenes Engagement völlig außerhalb dieses Systems von einer Lösung. In jedem Fall kann jeder Investor die Stiftung jederzeit instruieren, den Betrag, den er selbst eingezahlt hat, an einen der Aktiven auszuzahlen und damit die Leistung für die Allgemeinheit zu kaufen. Er kann auch Teilbeträge anweisen, solange, bis der Gesamtbetrag, den er überwiesen hat, aufgebraucht ist.

 

Viele unabhängige Investoren finanzieren
viele unabhängige Aktive und eine Vielzahl von Lösungen

Viele freie, unabhängige Investoren beweisen durch ihre tatsächliche Überweisung, daß sie Arbeiten an dem jeweils beschriebenen Projekt für die Allgemeinheit käuflich erwerben möchten. Die Aktiven sehen am Kontostand, wieviel Interesse für eine bestimmte Lösung existiert. Im Idealfall wächst ein "Jackpot", der einen immer größer werdenden Anreiz dafür darstellt, das jeweilige Projekt zu realisieren.

Die Investoren bleiben individualistisch und müssen sich nicht einig werden, wer oder was und noch nicht einmal wann gefördert wird. Es gibt keine Jury und keine Abstimmungen. Es kann sein, daß ein Investor ganz kleine Anforderungen hat, die schnell erfüllt sind und er gibt dem Aktiven, der ihm geholfen hat, ganz schnell seinen Geldbetrag. Aktive sehen sich einer im Idealfall sehr großen Anzahl von Investoren gegenüber, die nicht als Gruppe, sondern als freie Individuen auftreten. Man muß also keine "Kontakte" pflegen, man muß sich nicht "gut stellen" mit irgendeinem Gremium. Aktive bleiben frei. Dieses System bildet in Teilen die Marktwirtschaft ab, in der Produzenten und Konsumenten auch nur deshalb frei sind, weil beides heterogene Gruppen sind. Niemand ist von einer bestimmten anderen Person abhängig und jeder hat die Chance, sich aus einer großen Anzahl von Kunden oder Lieferanten seine Partner zu suchen.

Das System ermöglicht ausdrücklich ganz viele Lösungen der gleichen Aufgabenstellung, weil es Aktive und Investoren individualistisch miteinander umgehen läßt. Und es vermeidet die Reibungsverluste, die entstehen, wenn sich unterschiedliche Menschen einig werden müssen. Statt dessen soll es z.B. 100 Investoren und 100 Aktive geben, die 1...100 verschiedene Lösungen der gleichen Projektaufgabe verfolgen.

 

Hebelwirkung

Wahrscheinlich ist ein Großteil der Investoren nicht in der Lage oder nicht interessiert daran, die Leistungen der Aktiven zu prüfen und Auszahlungen zu veranlassen. An dem für jedes Projekt festgelegten Endtermin wird deshalb vermutlich ein hoher Betrag unausgezahlt auf dem Projektkonto bereit stehen. Nun greift ein Automatismus, mit dem sich die Investoren durch ihre Überweisung einverstanden erklärt haben: Die Stiftung verteilt rein schematisch am Endtermin den noch verbleibenden Kontensaldo des Projektes prozentual in gleichem Verhältnis auf die Aktiven, die zuvor durch Willensäußerung von Investoren Geld bekommen hatten.

 

Beispiel

Am 1.1.2002 wird das Konto 43034715 bei der Commerzbank eingerichtet. Auf der zugehörigen Webseite wird erläutert, daß hiermit Aktivitäten unterstützt werden sollen, die eine freie Ärztesoftware erzeugen sollen. Das Projekt soll am 31.12.2006 beendet werden. Über dieses Projekt wird ab diesem Termin in Zeitschriftenanzeigen alle 3 Monate informiert und der Kontostand wird veröffentlicht. Im Laufe der Zeit finden sich 1000 Ärzte, die zwischen 100 und 10.000 € pro Kopf eingezahlt haben. Manche von diesen Ärzten haben eine Kontaktadresse angegeben, weil sie von Aktive angesprochen werden möchten, andere bleiben anonym.

Insgesamt ist der Kontostand auf 1.000.000 € angewachsen und eine Menge von vielleicht 100 Programmierern arbeitet daran, einzeln oder in Gruppen oder als Firma Lösungen zu programmieren. Manche nehmen Kontakt mit denjenigen Ärzten auf, die zu diesem Zweck eine Kontaktadresse angegeben haben. Oftmals wird sich auch eine Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Programmierern ergeben (Pilotanwendungen, Auftragsarbeiten,...). Alle Beteiligten lesen auf der Webseite immer wieder Infos über den Stand der Dinge und es wird Kontakte in jeder Art geben.

Die ersten Ärzte haben vielleicht nur ganz geringe Anforderungen oder sie sind davon überzeugt, daß man bestimmte Aktive auch dann schon unterstützen sollte, wenn die Arbeit noch gar nicht fertig ist und sie weisen bereits sehr früh Auszahlungen an. Andere warten bis konkrete Ergebnisse da sind. Am Endtermin haben vielleicht 30% der Ärzte mitgemacht und ihre z.B. 300.000 € Investitionsgelder sind auf 5 Aktive verteilt, doch das Geld der inaktiven 70% liegt noch da. Nun werden diese 700.000 € rein schematisch an die gleichen 5 Leute in gleicher prozentualer Aufteilung verteilt, die schon die 300.000 € bekommen haben.

 

Minimaler Verwaltungsaufwand

Großer Vorteil dieses Ansatzes ist die Freiheit und Offenheit, die darin abgebildet ist. Er vermeidet jegliche Gremien und fördert statt dessen das individualistische Miteinander. Die verwaltende Stiftung ist völlig auf die korrekte Abwicklung von Formalien begrenzt, während das Inhaltliche komplett auf dynamische Gruppen von Individuen verlagert ist. Im Unterschied zu anderen, zentralistischeren Ansätzen, ist in diesem Modell dadurch mehr Dynamik angelegt.

Das Prinzip kann zudem beliebig oft von verschiedenen Organisationen angewendet werden.

 

Probleme

Zumindest zwei Probleme sind bei diesem Modell bisher ungelöst:

a) Ein Investor kann zunächst durch Einzahlung eines hohen Betrages den Eindruck erwecken, daß es sich für Aktive lohnt, an einem Projekt zu arbeiten. Anschließend kann er seinen Investitionsbetrag jedoch z.B. an sich selbst auszahlen lassen oder an einen Komplizen, der keine wirkliche Lösung für das Projekt geliefert hat.

b) Ein Aktiver kann mit einem Investor zusammenarbeiten in der Art, daß der Investor seinen Investitionsbetrag an den Aktiven ohne wirkliche Leistung desselben auszahlt und der Aktive am Endtermin des Projektes zusätzlich noch Anteile am Restbetrag des Projektkontos erhält.

 

Variante, z.B. zur Finanzierung eines Museums

Die vorgeschlagene Maßnahme kostet 1.000 DM. Es stimmen (bzw. und enthalten sich) insgesamt 10 Teilnehmer mit zusammen 5.000 DM auf den Konten zu. Wer nicht gegen die Maßnahme stimmt, nimmt automatisch daran teil. Jeder Zustimmer (und ggf. Enthalter) zahlt 1000/5000 = 20% von seinem Konto. Durch die prozentuale Verteilung bleiben Kleinspender genauso lange im "Spiel" wie Großspender. Allerdings können die Kleinspender alleine große Maßnahmen nicht schultern. Werden dagegen die 1.000 DM nicht erreicht, kann die Maßnahme so nicht durchgeführt werden.

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Am Ende der Laufzeit werden nicht verteilte Gelder von den auslaufenden Spendenkonten auf die zum Zeitpunkt der Verteilung aktuellen Konten verteilt. Es lohnt sich also, immer wieder neu zu spenden! Werden Altspenden einmal jährlich zu einem bekannten Tag verteilt, entsteht ein "Jackpot" für Neuspender.

 

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